(Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
meiner Haushaltsrede möchte ich eines voranstellen. Mit dem Überfall auf die Ukraine hat Wladimir Putin einen kaltblütigen Angriffskrieg vom Zaun gebrochen. Die schrecklichen Bilder aus der Ukraine zeigen die ganze Skrupellosigkeit, mit der er vorgeht. Und auch die furchtbaren Bilder der Erdbebenopfer aus der Türkei und Syrien stecken uns allen noch in den Knochen.
Deshalb möchte ich betonen, auch wenn wir in Schwerte auf Grund dieses Krieges und vieler globaler Einflüsse auf viele Unwägbarkeiten schauen, auch wenn die Rahmenbedingungen für uns schwieriger werden: Wir bleiben solidarisch mit den Menschen, die Opfer von Krieg, Hunger und Not geworden sind.
Und meine Fraktion ist stolz darauf, dass wir in einer Stadt leben, in der sich Menschen willkommen fühlen dürfen, egal, wo sie herkommen.
Deshalb gilt es vorweg Danke an all diejenigen zu sagen, die die Aufnahme vor Ort organisieren. Dazu gehören natürlich die Stadtverwaltung, der AK Asyl aber eben auch eine Reihe ehrenamtlicher Initiativen und freiwilliger Unterstützerinnen und Unterstützer. Hier wird die Haltung einer Stadt ganz konkret sichtbar! Vielen Dank dafür!
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
politisch laufen gelernt habe ich vor sechs Jahren im Rahmen von Eltern- und Schulpflegschaftsarbeit. Der eine oder andere wird sich noch daran erinnern, dass wir in Schwerte eine Situation vorfanden, in der Grundschulkinder zur Nachmittagsbetreuung auf kalten Fluren untergebracht wurden, in der die schulische Infrastruktur zum Teil marode und Schulraum an sich knapp war. Für Spielplätze gab es in dieser Zeit nahezu überhaupt keine Haushaltsansätze und als Schwerter Fußballer weiß ich, dass sich für unsere Sportstätten und Vereinsheime ein erheblicher Sanierungsstau aufgetürmt hat. Von unseren Einrichtungen für die Feuerwehr ganz zu schweigen. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen und führt dazu, dass wir gemeinsam einen gewaltigen
Investitionsstau abarbeiten und wichtige Weichen für die Zukunft dieser Stadt stellen müssen.
Die viel zitierte Solidarität erfordert viel von uns vor Ort. Gestiegene Energiepreise, allgemeine Inflation, steigende Baukosten, Materiallieferengpässe, Fachkräftemangel und einiges mehr machen nicht nur jedem im Privaten Schwierigkeiten, sondern sie engen auch das Feld kommunalpolitischer Handlungsfähigkeit ein. Bund und Land machen Gesetze, die wir vor Ort bezahlen müssen. Das sog. Konnexitätsprinzip, der Grundsatz, dass Aufgaben und Finanzverantwortung zusammengehören, gilt hier schon lange nicht mehr. Mit diesen Rahmenbedingungen die richtigen politischen Antworten zu finden, ist und bleibt ein Kraftakt.
Als der Kreiskämmerer Ende August die ersten Eckpunkte zur
Aufstellung des Kreishaushaltes vorgestellt hat, bin ich zugegeben nicht davon ausgegangen, dass es gelingen wird, einen ausgeglichenen
Haushalt für das Jahr 2023 vorzulegen. Kolleginnen und Kollegen im Kreisgebiet, unabhängig von der politischen Einfärbung, sahen dies ganz genauso.
Denn der Kreis gibt den gestiegenen Aufwand für Unterbringungskosten einfach weiter, ebenso die gestiegene Umlage des Landschaftsverbands Westfalen Lippe. Jede dieser genannten Einzelpositionen macht summiert 15 Millionen Euro nur an Steigerung aus. Bei den umzulegenden Transferleistungen haben wir eine Steigerung zum Vorjahr um über 30% Prozent.
Vor diesen geopolitischen und strukturellen Hintergründen hat die SPD- Fraktion intensiv den Haushaltsentwurf für das Jahr 2023 diskutiert. Wir wissen alle, wie sehr gerade die kommunalen Haushalte unter enormen Druck stehen. Bei jedem notwendigen Vorhaben diskutieren wir vor Ort, ob ein Projekt sein muss, ob es mal etwas mehr oder etwas weniger sein darf, aber den grundsätzlichen Bedarf an die notwendige Modernisierung unserer Stadt, der ist nicht in Frage zu stellen.
Die SPD-Fraktion hat diesen Gestaltungsanspruch immer offensiv formuliert. Und seien wir ehrlich. Im Grunde ist das, was wir tun immer noch nicht genug, wenn wir uns die enormen Herausforderungen in der Wirtschafts-, Sozial- und Klimapolitik anschauen.
Daher sage ich deutlich: ohne eine grundlegende Veränderung
der Finanzbeziehungen zwischen den staatlichen Ebenen ist dies für Kommunen nicht dauerhaft durchzuhalten. Die im Grundgesetz garantierten gleichwertigen Lebensverhältnisse müssen auch durch eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen garantiert werden.
Wie anfällig das jetzige System ist, sehen wir am Bilanztrick der Landesregierung: Hätte sie es den Kommunen nicht weiter ermöglicht, neben den Aufwendungen für die Pandemie nun auch die Kosten für den Krieg zu isolieren oder besser gesagt Schuldentürme aufzubauen, wären nahezu alle Kommunen in NRW im kommunalrechtlichen Sinne nicht mehr handlungsfähig. Fernab jede kaufmännische Logik müssen wir diese Mindereinnahmen und Mehraufwendungen als außerordentliche Erträge im Ergebnisplan buchen.
Wir sind uns, hoffe ich, einig, dass eine langfristige Belastung kommender Generationen vermieden werden soll. In diesem Kontext sollte man aber auch überlegen, ob es sozial gerecht ist, wenn notwendige Investitionen v.a. in Kitas, OGS und Schulen nicht getätigt würden? Wenn Sportvereine kein attraktives Umfeld für Mannschafts- und Teamgeist anbieten können? Wer profitiert am Ende davon, wenn diese Investitionen ausbleiben und sich die öffentliche Hand selbst schwächt?
Demnach wäre es doch folgerichtig gewesen, wenn die Landesregierung in NRW dafür gesorgt hätte, dass liquide Mittel zu den Kommunen geflossen wären. Das Land NRW hat in 2022 Steuermehreinnahmen von 20 Milliarden Euro verbuchen können. Die Kommunen haben davon über das Gemeindefinanzierungsgesetz 1 Milliarde bekommen. Das ist ein Missverhältnis zu Lasten der Kommunen und mindestens Verrat an der Generationengerechtigkeit.
Auf der anderen Seite werden die Lasten, die hier entstehen, nun in die Zukunft verschoben. Ab 2027 werden die Haushalte diese sogenannten Bilanzierungshilfen abschreiben müssen. Damit wird das
Prinzip der Generationengerechtigkeit ad absurdum geführt.
Der Zwang zum Schuldenaufbau ist sicherlich keine Lösung. Auch hier wäre eine klare Position der Landesregierung wichtig! Immerhin hat sie die Lösung der Altschuldenfrage in ihrem Koalitionsvertrag stehen. Problem richtig erkannt, aber außer Ankündigungen keinerlei Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
vor diesen politischen und strukturellen Hintergründen hat die SPD-Fraktion den Haushaltsentwurf 2023 intensiv diskutiert – und sich mit Anträgen zu diesem Haushalt stark zurückgehalten.
Aus zwei Gründen: Zum einen die oben beschriebene strukturelle Überforderung der kommunalen Haushalte. Zum anderen haben wir hier im Rat bereits gemeinsam sehr viele und umfangreiche Themen auf den Weg gebracht. Hier muss Verwaltung noch einiges umsetzen. Wir erkennen auch die schwierige Personallage in vielen Bereichen, den Aufgabenumfang und die schwierigen Rahmenbedingungen an. Allein die Planung und der Bau der TFG werden uns noch lange Zeit beschäftigen und fordern.
Ausgabendisziplin und die notwendige Steuerung kommunaler Ausgaben sind notwendig, sie dürfen aber nie zum Unterlassen notwendiger Investitionen führen, sonst begeben wir uns in eine Abwärtsspirale aus Abwanderung von Familien und Unternehmen, ausbleibenden Steuereinnahmen und wiederum fehlender Finanzkraft.
Und diese Verantwortung gilt nicht nur für die Sozialdemokratische
Fraktion in diesem Haus. Sie gilt für uns alle. Verantwortung für die Gegenwart, aber auch zum Erhalt der Zukunftsfähigkeit unserer lebenswerten Stadt Schwerte. Umso bedauerlicher ist es, dass in den Fachausschüssen einmal mehr keine inhaltliche Auseinandersetzung bezüglich des Haushaltes stattgefunden hat und die SPD-Fraktion nun im 3. Jahr in Folge als einzige den Haushalt getragen hat. Anstatt im Vorfeld mit allen Fraktionen das Gespräch über Kompromisse und Lösungsansätze zu suchen, werden nach dreimonatiger Haushaltsberatung kurz vor der Ratssitzung Haushaltsanträge gestellt, die nur ein Motiv haben, nämlich die Verwaltung vorzuführen.
An dieser Stelle sei auch noch gesagt: Ein Haushalt besteht nicht nur aus der Ausgabenseite. Es gibt auch eine Einnahmenseite und auf dieser geht es darum, genug Raum für die Wirtschaft in Form von Gewerbegebieten und attraktiven und bezahlbaren Wohnraum für Jung und Alt zu entwickeln. Ein stabiler Haushalt lebt vor allem auch von verlässlichen politischen Rahmenbedingungen. Allein durch die vielen politischen Schwenker und das Platzenlassen von Projekten entsteht ein Millionenschaden für den Schwerter Haushalt und damit auch für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.
Fakt ist: Trotz aller beschriebenen Sorgen gelingt es mit dem Haushalt 2023 Investitionen in die Zukunft der Stadt abzubilden, allen voran in die zwei Gesamtschulen und in die Albert-Schweitzer-Grundschule. Weiterhin finden
sich Investitionen in unsere Kulturlandschaft und in die Attraktivierung unserer Innenstadt. Wir investieren in Sportstätten in nahezu allen Ortsteilen – die Modernisierung unserer Vereinsheime sei hier nur beispielhaft erwähnt – und wir stellen die Weichen für den klimagerechten Stadtumbau. Wir betreiben Aufwand für den Hochwasserschutz des Elsebades und setzen u.a. mit dem Ausbau der Radwege weiterhin unsere Mobilitätskonzepte um. Wir investieren in die Sicherheit der Bevölkerung und die Sicherheit der Feuerwehrfrauen und Männer, in die Verbesserung der Nahmobilität und in die Kitalandschaft und damit in Sicherheit, Klimaschutz und Chancengerechtigkeit. Das muss ein Haushalt auch. Denn ein Haushalt ist kein Selbstzweck. Er ist geschriebene Politik in Zahlen und die enthaltenen Projekte und Maßnahmen sollen das Leben der Menschen hier in Schwerte besser machen.
Die SPD im Rat der Stadt Schwerte stimmt daher dem vorgelegten Haushalt zu und dankt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei und den beteiligten Fachämtern für ihr Engagement im Hinblick auf das Zahlenwerk in diesen schwierigen Zeiten.
Herzlichen Dank!
PM: SPD Fraktion im Rat der Stadt Schwerte