„An Erinnerungskultur gibt es nichts zu relativieren!“

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Ursula Meise, Hartmut Ganzke & Sigrid Reihs. Foto: Martin Krehl

Eigentlich glaubte Hartmut Ganzke sich in Schwerte ganz gut auszukennen: „Aber das Mahnmal an der ehemaligen Synagoge musste ich doch ein bisschen suchen“, bekannte der SPD-Landtags- und Kreistagsabgeordnete bei seinem Besuch. Ursula Meise und Sigrid Reihs vom Bündnis gegen Rechts empfingen den Politiker, der sich anlässlich der Wiederherstellung der Treppe das Mahnmal in der Altstadt anschauen wollte.

„Wir müssen tatsächlich mal über eine Beschilderung sprechen“, gab auch Sigrid Reihs, ehemalige SPD-Stadtverbandsvorsitzende und Pfarrerin zu bedenken. Schwertes ehemalige und langjährige 2. Bürgermeisterin Ursula Meise stattete den Besucher mit allem Wissenswertem zur Schwerter Synagoge aus.

„Politiker verstecken sich gern hinter Geschwurbel“, erklärte der Unnaer Hartmut Ganzke. „Aber an dieser Stelle ist Klartext angesagt, klare Kante – an unserer Erinnerungskultur gibt es nichts zu relativieren“. Damit spielte der Sozialdemokrat an die wiederholten Versuche auch von AfD-Politikern an, den Holocaust und den Naziterror zu verharmlosen.

Ursula Meise weiß, dass die Pandemie und ihre Folgen viel kritischen Geist in der Bevölkerung aufgerührt haben. „Nun gibt es aber dabei auch Kräfte, die die Sinnhaftigkeit solcher Mahnmale infrage stellen und tatsächlich unseren Umgang mit den Erinnerungen an die Nazis zur Debatte stellen wollen“. Das gehe auf gar keinen Fall.

Das Schwerter Bündnis gegen Rechts hatte in einer beispiellosen Spendensammelaktion in wenigen Wochen mehr als ausreichend Mittel zusammenbekommen, um die alte Treppe an der Synagoge in der Großen Marktstraße zu restaurieren. Die Treppe führt auf die Höhe des Erdgeschosses der Synagoge, die die Reichspogromnacht und den Weltkrieg überstanden, 1984 dann aber abgebrochen wurde. Der Bildhauer Klaus Madlowski und der Architekt Andreas Martin schufen dann ein Mahnmal mit einem den Haussockel umlaufenden Aluminiumband, auf dem die Namen der von den NS-Schergen ermordeten jüdischen Schwerterinen und Schwerter eingraviert sind. Die Treppe auf Erdgeschosshöhe gehört dazu, erst von ihr aus kann man ein erklärendes Schild auf dem Dach des Kellergeschosses lesen.

Die Kellerdecke soll nicht betreten werden, die Fläche muss frei bleiben, niemand kann so tun, als ob diese Stelle in der Altstadt nichts Besonderes ist.

Der Abgeordnete Ganzke warb dafür die Erinnerungskultur mit ganz konkreten und praktischen Aktionen lebendig zu halten, etwa Stolperstein-Reinigungsgänge oder eben die Restaurierung solcher Mahnmale.

Text: Martin Krehl

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