Elsbeth Bihler war viele Jahrzehnte Gemeindereferentin in der Pfarrgemeinde St. Marien. Noch immer wirkt sie in der FamilienKirche, bei den Feuer-Gesprächen, bei vielen Familienmessen, als Koordinatorin der Lektoren- und KommunionhelferInnen-Dienste in St. Marien, auf dem Reiterhof Sonnenregen auf dem Hof Holtschmidt, als Motor der Heimat-Yesu-Aktion und weiteren Diensten und Hilfestellungen im Gemeindeleben aktiv mit. Weil sie über viele Jahrzehnte nicht nur das Gemeindeleben, sondern damit auch das Leben der Menschen in Schwerte mehr als positiv beeinflusst hat, hat die Stadt Schwerte ihr jetzt in den Räumen der Katholischen Akademie am Bergerhofweg die Stadtmedaille verliehen. Laudator war Pfarrer i.R. Peter Iwan als langjähriger Weggefährte. Im Nachfolgenden dokumentieren wir die Laudatio:
„Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
lieber gastgebender Hausherr, Peter Klasvogt,
meine Damen und Herren aus den kommunalen Organen,
meine Damen und Herren, liebe künftige Preisträger-innen,
vor allem: Liebe Elli!
Eine Laudatio soll die Verdienste derjenigen würdigen, die ausgezeichnet werden soll; heute hier die Schwerter Stadtmedaille. Es geht um unsere Stadt und um Menschen, die sich engagiert und freiwillig für sie einsetzen. Ich möchte eine Begebenheit vorausschicken: Nach dem Besuch einer der großen Hamburger Hauptkirchen sprach mich beim Portal eine freundliche Dame an, die offensichtlich eine Art Besucherstatistik führte: „Darf ich fragen, aus welcher Stadt Sie kommen? Ich: „Ja sicher! Schwerte.“ Sie: „Schwerte?“ – Angestrengtes Nachdenken. – „Wo liegt das denn?“ Ich gab ihr zu verstehen: Schwerte müsste als Hansestadt und wegen seiner Bedeutung eigentlich – gleich nach meiner Heimatstadt Dortmund – in einem Atemzug mit Hamburg genannt werden. Und ich erläuterte ihr meine Meinung. – Die Dame schmunzelte und dankte für den Erkenntniszuwachs. Ich erwähne diese Szene, weil es ganz andere Reaktionen gibt, wenn in meinem beruflichen Umfeld das Wort auf Schwerte kommt: „Ach, da ist doch Elsbeth Bihler!“ Oder: „Schwerte? – Schwerter Modell! Davon haben wir in der Kommunionvorbereitung auch profitiert!“ Oder: „Schwerter Liederbuch! – Das haben wir in allen unseren Kirchen ausliegen!“
Schwerte und Elsbeth Bihler werden oft in einem Atemzug genannt. Und das weit über unsere Stadt hinaus. Das macht wohl deutlich, wie weit und offen ihr Horizont ist.
Gefühlt ist sie schon immer Schwerterin. Das lässt vergessen, dass sie ursprünglich Rheinländerin ist und erst nach dem Referendariat für das Lehramt (Religion und Musik) die Ausbildung zur Gemeindereferentin abschloss. Nach einer kurzen Zeit in Gütersloh wirkt sie seit 1983 in Schwerte. Ich sage bewusst „in Schwerte“, weil Elli, sicher in klarer Übereinkunft mit meinem Vorgänger Pfr. Riepe, die katholische Kirchengemeinde, in der sie tätig war und ist, nie als Binnenraum angesehen hat, sondern als „Kirche in der Stadt und für die Menschen in der Stadt“ verstand. Aus dieser Haltung erwuchsen dann auch Aktivitäten, Organisationen oder Impulse, die Menschen in unserer Stadt zusammenführen und sie bestärken und befähigen, wofür sie heute ausgezeichnet wird. Alles aufzuführen, würde den gegebenen Rahmen sprengen. Darum kurz einiges aus meiner Sicht Wichtiges:
– Mehr als 40 Veröffentlichungen und dazu Fortbildungen im Bereich Katechese und Religionspädagogik auch über Deutschlands Grenzen hinaus nach Österreich, in die Schweiz bis nach Brasilien.
– In den 90er Jahren die Einführung von Spielgruppen für Kinder, weil die Kindergartenplätze knapp waren; diese Idee fand Nachahmer u.a. in einem Elternverein.
– Das Schwerter Liederbuch mit neuen geistlichen Liedern fand 19 Auflagen; dazu wurde kurzerhand ein eigener Verlag gegründet, dazu das notwendige Kapital und die passenden Leute gefunden. – (Unsere Kirchenleitung war zunächst nicht begeistert!)
– Eines der ersten Begegnungscafés für Geflüchtete wurde im Pfarrheim St. Marien auf ihre Initiative eingerichtet; die Idee nahmen die anderen Bezirke und die evgl. Gemeinde auf.
– Eine dauerhafte und feste Größe bildet seit 1993 der Reiterhof in Ergste. Zuerst hatte Elli die Pferde, dann die Leute, dann gings weiter mit Struktur und in wachsend großem Stil. Hier können Menschen nahezu jeden Alters reiten lernen. Vor allem aber über den Kontakt zu Pferden sich selbst, die Natur, die Tiere und das Zusammenleben mit anderen Menschen entdecken, und das für bestimmte Zielgruppen auch unter therapeutischen Aspekten.
– Daraus entwickelten sich auch die sog. „Musischen Reiterferien“; das sind 2 Mal je eine Woche Stadtrandferien im Sommer für Kinder und Jugendliche. Spielen, Natur, Tiere, singen, spielen, Tanz, Musik, Gottesdienst – jedes Jahr ca. 140 Kinder und dazu 40 Jugendliche und Erwachsene als Betreuerinnen und Betreuer. – Die Plätze sind meistens schon vergeben, bevor die Anmeldefrist abgelaufen ist.
– Wenn Menschen äußern: Reiten kann man überall, aber bei euch ist das irgendwie anders, dann spüren sie wohl etwas vom Mehrwert für das Leben, den uns der Glaube bedeutet, in dem Elli tief verwurzelt ist.
„Den Himmel erträumen – den Himmel organisieren“, lautet der Titel eines ihrer Bücher. „Den Himmel erträumen“: Elli ist immer voller Ideen. „Den Himmel organisieren“: Sie sucht und findet immer Wege, Neues umzusetzen, pragmatisch, mit freundlichem Nachdruck.
„Du, ich habe mal darüber nachgedacht, ob…“ oder „Mir ist da gestern eine Idee gekommen…“, – solche Halbsätze sind das Sprungbrett, und schon steht etwas Neues im Raum. Dann zieht man als Chef gelegentlich den Kopf ein vor dem, was da kommen mag.
Und was da kommt, entfaltet sich bisweilen schneller, als man ahnt. Dann wird schnell ein Verein gegründet, ein Unternehmen geboren, ein Projekt umgesetzt usw. So wurde für die FamilienKirche in Villigst der Kirchenraum ausgeräumt. Und die Kirchenbänke waren schon in Ungarn, bevor der Kirchenvorstand seine förmliche Zustimmung geben konnte.
Elli verbindet Phantasie – „Den Himmel erträumen“ – mit planvollem Vorgehen – „Den Himmel organisieren“. Dabei ist ihr ein Anliegen, Menschen zusammenzuführen, die ihre Fähigkeiten entdecken und entfalten können. Ihre eigene Rolle sieht sie v.a. als Inspiratorin und als „Ermöglicherin“. Sie bezieht Menschen ein und befähigt sie. Und das unabhängig von irgendwelchen Grenzen des Alters oder der Herkunft oder der Weltanschauung. Sie bleibt im besten Sinn eine Dienstleisterin, die oft genug im Hintergrund organisiert, Listen schreibt, Daten sammelt, dokumentiert usw. Heute spricht man von „Netzwerkern“. Das ist ihre große Gabe: Menschen ansprechen, gewinnen, verbinden, mitnehmen, ihnen Räume für Leben und Glauben eröffnen. Wäre Elli damals am See von Galiläa gewesen, als Jesus den Simon und die anderen Apostel von den Fischernetzen wegrief und zu Menschenfischern – die ersten Netzwerker – machte, dann hätte er Elli wohl auch gleich mitgenommen! Und wenn Elli dann geäußert hätte: „Du, Jesus, ich habe da mal eine Idee…!“ – ich bin gespannt, wie Jesus darauf reagiert hätte. Ich bin überzeugt, dass dieses Engagement in und für die Menschen in unserer Stadt heute zu Recht ausgezeichnet wird“.