Jörg Przystow moderiert sein letztes Pannekaukenfest

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Jörg Przystow. Foto: Jörg Przystow

Bei uns erzählt er, wie die letzten 15 Jahre liefen.

2008 Einstieg in das Pannekaukenfest

Ernst Kunert, damaliger Oberschichtmeister und ehemaliger Polizeikollege, sprach mich an und überzeugte mich doch bitte als Verantwortlicher für das Bühnenprogramm einzusteigen…

Ernst hatte verfolgt, dass ich 1992 bereits in die Moderationstätigkeit eingestiegen war. Es wurden mehr und mehr Veranstaltungen, die ich zusammen mit Radiomoderator Lothar Baltrusch gemacht hatte.
Aufgrund unserer langjährigen Freundschaft konnte ich Lothar überzeugen als Duo „BP“ (Baltrusch-Przystow) diese Aufgabe beim Pannekaukenfest zu übernehmen.

Jörg Przystow & Lothar Baltrusch. Foto: Jörg Przystow

Wir sahen uns damals auch erst mal an, was überhaupt das Pannekaukenfest ist und da war eine Band, deren Sängerin stark angetrunken auf die Bühne kletterte. Und so war auch der Gesang. Eine Moderation gab es nicht wirklich. „Ernst, wenn wir das hier wirklich übernehmen sollen, dann wird es so etwas aber nicht mehr geben! Haben wir freie Hand?“ Er willigte ein und es ging los.

In unseren Köpfen entstand dann auch recht schnell „STAR“, der Schwerter-Talente-Aufruf sowie die Art und Weise der Programmgestaltung überhaupt.
Wir suchten auch mit Hilfe der Ruhr Nachrichten junge, jungebliebene, aber auch bereits reifere Gesangstalente, die bisher noch niemand auf größeren Bühnen gesehen bzw. gehört hatte.

10 Jahre gab es diesen Wettbewerb, der tatsächlich über die Grenzen Schwertes hinaus bekannt wurde und einige Teilnehmer haben auch eigene Karrieren als Musikerin und Musiker gestartet. „Kaiser Franz“ und Jo Marie Dominiak z.B., die regelmäßig vor 80 000 Zuschauern im Westfalenstadion für den dortigen schwarz-gelben Verein singt. Ganz besonderes in Erinnerung geblieben ist mir der 12-jährige Schüler des RTG, Ryan Schubert, der Songs von Timberlake präsentierte. Das war 2016 echt der Hammer.

Ganz ehrlich? Dieser Wettbewerb hat richtig Kraft und Nerven gekostet. Immer 8 Talente im Griff zu haben, alles abzusprechen in Sachen der Gestaltung des Auftritts, Rechte klären, mit Band oder mit Musikplayback etc., war anstrengend. Das waren insgesamt alleine fast 500 Mails, die ich geschrieben habe. Eine Arbeit, die niemand gesehen hat.

Leider ist Lothar Baltrusch für mich unerwartet und plötzlich aus der Moderation 2014 ausgestiegen. Glücklicherweise konnte ich Schwertes Tanzschulbesitzer Björn Thiele überzeugen als Gastmoderator einzusteigen.

Jörg Przystow & Björn Thiele. Foto: Jörg Przystow

Die Bühnenprogrammplanung habe ich aber alleine gemacht, weil Björn dazu auch gar keine Zeit hatte. Die Tanzschule stand richtigerweise an erster Stelle und so war auch unsere klare Vereinbarung.

Was waren die Erlebnisse, die immer präsent sein werden?

Es war eine tolle Zeit mit Björn. Der Schock kam direkt nach der Eröffnung des Pannekaukenfestes 2017. Während der Anmoderation stürzte Björn plötzlich vor meinen Augen von der Bühne und lag schwer verletzt vor meinen Füßen. Schockstarre, Ruhe auf dem Marktplatz, keine Geräusche, keine Stimmen, allen Anwesenden stockte der Atem.

Dirk Lutter, Chefarzt des Marienkrankenhauses Schwerte, war durch Zufall auf dem Platz und verkaufte mit seinem Team in der Nähe der Bühne Pannekauken  (Reibeplätzchen) für den guten Zweck. Er sprintete im Dauerlauf zur Bühne und kümmerte sich sofort um Björn. Eine durch Zufall anwesende Notärztin sowie ein Feuerwehrmann aus Lünen taten dies ebenfalls. Natürlich war auch unser Rettungsdienst sofort zur Stelle. Die Rettungskette funktionierte einwandfrei. Meinen ersten Satz in dieser Phase weiß ich noch wie heute. „Handys runter, wehe hier filmt jemand diese Szene!“ Niemand tat dies, es gab nie Bilder im Internet. Das war klasse von den Leuten.
Björn wurde mit Begleitung durch Dr. Lutter ins Krankenhaus gefahren und alle aus dem Arbeitskreis des Pannekaukenfestes schauten mich fragend an: „Was nun Jörg? Machen wir weiter? Sag doch mal bitte!“ Ich konnte kaum noch denken, weil da wurde gerade mein Freund mit einem Rettungswagen weggefahren. Dr. Lutter war es dann, der mich nach den ersten Untersuchungen recht zeitnah aus dem Krankenhaus angerufen hat, um mir mitzuteilen, dass keine Lebensgefahr besteht und Björn sich wünscht, dass ich weiter mache.

Da fiel mir ein Stein der Sorge vom Herzen und ich habe einfach nur noch bis Sonntagabend funktioniert. Björn hat dann noch eine Videobotschaften aus dem Krankenhaus geschickt und ja, da liefen bei mir die Tränen. Sonntagabend war ich dann einfach nur platt.

Das wird immer in meiner Erinnerung bleiben, zumal Björn sehr lange an den Folgen behandelt werden musste-leider!

Man denkt ja dann, es kann nicht schlimmer kommen, doch direkt ein Jahr später, also 2018, sollte ich eines Besseren belehrt werden. Gunther Gerke war als Co-Moderator eingesprungen, ebenfalls ein langjähriger Freund, der mich nicht hängen lassen wollte. Zur absoluten Primetime, am Samstagabend, der Marktplatz rappelvoll, fällt plötzlich der Keyborder der Hauptband hinter seinem Keybord mitten im Song auf die Bühne, wieder vor meine Füße, da ich direkt neben im stand und mich freute, dass der Marktplatz so voll ist. Augeninfarkt und wieder absolute Stille bei mehreren tausend Menschen vor der Bühne. Wieder funktionierte die Rettungskette und wieder gab es davon keine Bilder im Netz.

Gunther Gerke & Jörg Przystow. Foto: Jörg Przystow

Nach gut 40 Minuten Zwangspause haben Gunthi und ich weitergemacht, nachdem die Band auch entschieden hatte ohne Keyborder für die vielen Menschen weiterzuspielen.

Es zerrte aber alles an meinen Kräften, dies muss ich zugeben. Einfach waren diese beiden Jahre sicher nicht.

Wie kam denn immer das Bühnenprogramm zu Stande?

Über die Jahre habe ich einen sehr großen Pool an Musikern kennengelernt und so haben wir immer Jahr für Jahr uns zusammengesetzt und geschaut, was wir mit dem zur Verfügung stehenden Geld auf die Bühne bringen können.

Das Bühnenprogramm haben Freunde und Bekannte aus dem privaten Umfeld von meiner Frau und mir mit hohen Geldbeträgen gesponsert. Dafür kann ich mich gar nicht genug bedanken. Sonst wäre sicher einiges nicht möglich gewesen. Selbstverständlich gab und gibt es noch viele weitere Sponsoren, die das Fest als solches auch erst überhaupt möglich gemacht haben.

Eigentlich mussten wir über Jahre immer und immer wieder gegen die Meinung der Bürgerinnen und Bürger kämpfen, es sei doch ein Fest der Stadt Schwerte und dies würde doch sicher auch durch die Stadt bezahlt.

Deshalb gerne heute erneut! Wir finanzieren uns rein aus uns wohl gesonnenen Sponsoren und durch die Arbeitskraft der ehrenamtlichen Helfer. Die Stadtkasse wird durch das Pannekaukenfest nicht mit einem Cent belastet. Freundlicherweise dürfen uns auf freiwilliger Basis Mitarbeiter des Baubetriebshofes bei Auf-und Abbauarbeiten unterstützen.

Warum soll es denn jetzt das letzte Pannekaukenfest des Jörg Przystow werden?

Ich bin jetzt 62 Jahre. Es ist das 25. Fest und meine 15. Moderation und Bühnenorganisation. Die Band K.R.A.S.S. Feuert 25. Bühnenjubiläum. Meine Freunde Sivita und Can Karakus vom Café Herrlich feiern 10-jähriges. Kann es einen besseren Zeitpunkt geben? Ich bin der Meinung, da müssen jetzt auch mal jüngere Menschen ran mit frischen Ideen. Man sollte für sich wissen, wann es Zeit ist Tschüss zu sagen. Diese Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, zumal auch viele versucht haben mich vom Gegenteil zu überzeugen. Dieses Jahr gebe ich wie gewohnt noch mal alles, unser Programm steht bereits und die Künstlerverträge sind unterschrieben. Das Team darf meine volle Leistung erwarten, so wie sich das gehört. Ich gehe ohne Groll oder Ärger, einfach mit Anstand.

Die Zeit bem Pannekaukenfest hat mein Leben bereichert. Ich durfte so viele nette Leute bei den Bands kennenlernen und teilweise sind echte Freundschaften entstanden, weil ich immer alle äußerst fair behandelt habe. Um keine Gage musste lange verhandelt werden, keine Band musste auf das Geld warten oder darum wiederholt bitten. Nach jedem Auftritt gab es sofort hinter der Bühne die vereinbarte Gage. Für mich ein Selbstverständnis.

Was macht Jörg Przystow denn dann 2024 ohne das Pannekaukenfest und gibt es vielleicht schon einen Nachfolger?

Moderationen werde ich weiterhin machen, wenn die Anfragen kommen, aber die Art wie beim Pannekaukenfest allerdings nicht mehr. Einfach einen Gang mal runterschalten, hat mich aktuell die Gesundheit gelehrt. Die „Schwerter Runde“, die YouTube Serie, hat dazu noch so viel mehr Potiental, so dass Langeweile nicht aufkommen wird.

Ob Nachfolger in Sicht sind? Na ja, ich möchte schon an jemand oder auch an ein Duo übergeben, welches ich persönlich kenne und alles in guten Händen weiß. Es gab erste Gespräche, aber da muss noch weiter Überzeugungsarbeit von mir geleistet werden, denn es sind nicht nur die Tage auf der Bühne zu moderieren, es gehört auch noch etwas mehr dazu. Warten wir mal ab…

Gibt es denn für dieses letzte Pannekaukenfest einen besonderen Wunsch?

Neben gutem Wetter, was wir unbedingt brauchen, habe ich mir gewünscht, dass alle bisherigen Moderatoren dabei sind, also Lothar Baltrusch, Björn Thiele und Gunther Gerke. Die Zusagen sind da und ich freue mich sehr darüber.

Text: Jörg Przystow

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